Plastiksteuer gefährdet Kreislaufwirtschaft, Klimaschutz und Mittelstand
Die von der Bundesregierung ab 2025 angekündigte Umlage der sogenannten EU-Plastikabgabe auf die „Verursacher“ ist ein herber Rückschlag für alle Unternehmen, die sich als Kunststoffhersteller, Verpackungs- hersteller, Händler, Inverkehrbringer und Kunststoff-Recycler erfolgreich auf den Weg in eine Kreislaufwirtschaft für Kunststoffverpackungen gemacht haben. Inmitten dieser Transformation platzt der populistische Vorschlag einer Plastiksteuer – zum Schaden von Kreislaufwirtschaft, Klimaschutz und Industriearbeitsplätzen. Bereits deren Ankündigung hat bei unseren Unternehmen zu einer erheblichen Verunsicherung geführt und es zeichnen sich teilweise katastrophale Auswirkungen ab. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, diesen untauglichen Vorschlag unverzüglich zurückzuziehen, um weiteren Schaden für die Kreislaufwirtschaft von Verpackungen und die deutschen Unternehmen abzuwenden.
Die Unternehmen der Wertschöpfungskette Kunststoffverpackungen in Deutschland haben den Weckruf bereits vor Jahren gehört und vor allem das Lebensende ihrer Produkte in den Fokus gerückt. Mit Erfolg: Die Recyclingquote von Kunststoffverpackungen wurde von 42 Prozent im Jahr 2018 auf über 67 Prozent im Jahr 2022 gesteigert. Die Recycling- und Mehrwegfähigkeit von Haushaltsverpackungen aus Kunststoff liegt bereits bei 81 Prozent. Für den Rezyklateinsatz in Kunststoffverpackungen gelten ab 2030 aller Voraussicht nach sehr ehrgeizige und verbindliche EU-Quoten.
Das ehrgeizige Ziel einer Kreislaufwirtschaft für Verpackungen, das sich die EU und Deutschland gesetzt haben, erfordert bis 2030 und darüber hinaus Milliardeninvestitionen in neue Verpackungsmaterialien, die verbesserte Recyclingfähigkeit von Verpackungen, eine bessere Verarbeitung von recycelten Kunststoffen und den Aufbau von hochwertigen Recyclinganlagen. In Deutschland leisten die Inverkehrbringer von Verpackungen bereits heute im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung einen wesentlichen finanziellen Beitrag zur Sammlung und Verwertung der Haushaltsverpackungsabfälle. Hinzu kommen äußerst effektive Pfandsysteme für Einweg- und Mehrweg-Getränkeflaschen, die weltweit Vorbildcharakter haben.
Die notwendigen Investitionen in die Kreislaufwirtschaft werden jedoch zunehmend durch staatliche Abgaben, wie beispielsweise die Einweg-Kunststoff-Sonderabgabe oder kommunale Verpackungssteuern ausgebremst. Die jüngste Ankündigung einer Plastiksteuer stellt eine weitere schwerwiegende Beeinträchtigung dar: Investitionsentscheidungen wurden gestoppt und stattdessen die Planungen für eine Verlagerung der Produktion ins Ausland beschleunigt. Denn für die zumeist mittelständisch geprägten Unternehmen gibt es nach Energiekostenexplosion und inmitten einer Wirtschaftskrise keine Möglichkeit, weitere Kosten durch Einsparungen zu kompensieren. Die Produktion in Deutschland rechnet sich für viele Unternehmen nicht mehr. Mit der Verlagerung der Produktion würden aber auch die Investitionen in die Kreislaufwirtschaft in anderen Ländern stattfinden. Deutschland würde bei der Kreislaufwirtschaft abgehängt.
Wir halten es für irreführend, dass die Bundesregierung den Eindruck erweckt, als müsste die sogenannte EU-Plastikabgabe auf die Unternehmen umgelegt werden. Denn bei der EU-Plastikabgabe handelt es sich eben nicht um eine Steuer oder Abgabe, sondern lediglich um eine Berechnungsmethode für den EU-Mitgliedsbeitrag. Solche Mitgliedsbeiträge werden von sämtlichen EU-Mitgliedstaaten aus dem nationalen Haushalt beglichen. Eine „Umlage“ dieses EU-Beitrags ist weder erforderlich noch sinnvoll. Insbesondere sehen wir keinen Grund, warum Unternehmen der Wertschöpfungskette Kunststoffverpackungen für die Folgen des Brexit im EU-Haushalt und der verfassungswidrigen Haushaltsführung der Bundesregierung haften sollen.
Im Gegensatz zu einer Plastiksteuer hätte eine materialneutrale Abgabe basierend auf ökologischen Kriterien eine wesentlich bessere Lenkungswirkung. Zu diesem Schluss kommt auch eine aktuelle Studie im Auftrag des Umweltbundesamts: Sie bewertet die Wahrscheinlichkeit einer ökologischen Fehllenkung durch eine Verringerung des Kunststoff-einsatzes infolge einer Plastiksteuer als hoch (Seite 25). Ökologisch zielgerichteter wären demgegenüber eine materialneutrale Lenkung zur Reduzierung des Materialeinsatzes in Verpackungen, zur Verringerung der CO2-Emissionen oder zur Steigerung der Recyclingfähigkeit. Wir fordern daher anstelle einer Plastiksteuer die schnelle Umsetzung des im Koalitionsvertrag vereinbarten Fondsmodells für stärkere finanzielle Anreize für hochgradig recyclingfähige Verpackungen. Einen entsprechenden konkreten Vorschlag hatten Branchenverbänden bereits Anfang 2023 vorgelegt.
Eine Plastiksteuer birgt schließlich auch großen sozialen Sprengstoff, denn während bei einer Finanzierung der EU-Plastikabgabe über den Bundeshaushalt – also aus Steuermitteln wie bisher – anteilig vor allem die oberen Einkommensschichten der Bevölkerung in Anspruch genommen werden, wäre es bei einer Plastiksteuer genau umgekehrt: Weil eine Plastiksteuer von den Unternehmen auf die Produktpreise aufgeschlagen wird, trifft sie anteilig vor allem die unteren Einkommensschichten, weil diese im Vergleich einen weitaus höheren Anteil ihres Einkommens für Konsumprodukte ausgeben. Mehrbelastungen der Verbraucher in Höhe von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr wären die Folge. Gerade die Preise für verpackte Lebensmittel würden durch die Steuer abermals unter Druck geraten, denn Verpackungen aus Kunststoff sind hier oftmals unverzichtbar.