Novellierung 31. BImSchV
- Doppelte Grenzwertsetzung gefährdet Bestand der deutschen
Speiseölproduktion und beeinträchtigt die Versorgung der
Lebensmittellieferkette - Erneute Ausschussberatung des Bundestages erforderlich
Sehr geehrte Damen und Herren,
Mit großer Besorgnis haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung in ihrem Entwurf zur Änderung der 31. BImSchV (BT-Drs. 20/6813 & BR-Drs. 333/23) eine doppelte Grenzwertsetzung für Ölmühlen vorgesehen hat. Über die in Anhang III unter Nr. 18 festgelegten Grenzwerte für die Gesamtemissionen würde durch den Wegfall des bisherigen §3, Abs. 3, S. 3 ein Emissionsgrenzwert für das Lösungsmittel n-Hexan in der Abluft solcher Anlagen wirksam.
Dieser Teil der Regelung steht im Gegensatz zu den europäischen Regelungen zur BVT. Die als Begründung vorgetragenen Annahmen über die CMR-Eigenschaften des Stoffes n-Hexan haben sich als nicht tragfähig herausgestellt. Dies folgt aus Erkenntnissen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sowie gemäß der TA Luft durchgeführten Berechnungen zum Gehalt des Lösungsmittels in der Umgebung der Ölmühlen. Wegen der näheren Einzelheiten verweisen wir auf das an Sie gerichtete Schreiben von OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e. V. vom 30.10.2023 bzw. 1.11.2023. Die darin zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen teilen wir ausdrücklich.
Insbesondere kann diese Regelung, die im Ergebnis einen nationalen Alleingang darstellt, bei der starken Internationalisierung der Ölmühlenbranche die zunehmenden Abwanderungstendenzen, d.h. das Ausweichen auf ausländische Standorte, befeuern. Die damit verbundene Importabhängigkeit könnte gegebenenfalls zu negativen Konsequenzen für die gesamte Lebensmittellieferkette führen. Denn pflanzliche Öle und Fette sind nicht nur elementarer Bestandteil einer gesunden und ausgewogenen Ernährung. Neben dem klassischen Speiseöl gelangt ein großer Teil auf ganz unterschiedlichen Wegen auf unsere Esstische, etwa verarbeitet in Margarinen, Brotaufstrichen, Backwaren oder Feinkostprodukten. Darüber hinaus werden aus Ölsaaten neben Pflanzenölen auch Ölschrote produziert, die zur bedarfsgerechten Fütterung von Nutztieren und damit der Herstellung tierischer Lebensmittel wie Milch, Käse, Eier, Fleisch dienen. Die Ölmühlen sind damit integraler Bestandteil der Ernährungswirtschaft und wurden gemeinsam mit weiteren Lebensmittelsektoren von der Bundesregierung in die Liste kritischer Infrastruktur aufgenommen.
Die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben uns die Anfälligkeit von Lieferketten und die damit verbundenen negativen Auswirkungen vor Augen geführt. Die Politik sollte sich deshalb dafür einsetzen, dass deren Resilienz gestärkt und nicht durch fragwürdige nationale Alleingänge geschwächt wird.
Vor diesem Hintergrund bitten wir Sie darum, sich in dieser Angelegenheit für eine erneute Ausschussberatung im Bundestag sowie den Wegfall des angesprochenen zweiten Grenzwertes für die ölsaatenverarbeitende Industrie einzusetzen. Letzteres lässt sich herbeiführen, indem der zweite Grenzwert entfällt, sofern die zugrunde liegenden Anlagen die strengen Auflagen nach § 4 i. V. m. Anhang III Nr. 18 erfüllen. Durch die so gültigen neuen Gesamtemissionsgrenzwerte wird den gesundheits- und umweltpolitischen Anliegen voll Rechnung getragen, ohne dass eine wirtschaftlich und wettbewerblich äußerst abträgliche Situation herbeigeführt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Feller
Stellvertretender Hauptgeschäftsführer