Aktionsplan des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz „Mittelstand, Klimaschutz und Transformation“
Die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie und die Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss e.V. danken dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) für die Möglichkeit zur Beteiligung an dem Dialog- und Arbeitsprozess für den nun vorliegenden Aktionsplan „Mittelstand, Klimaschutz und Transformation“. Wir begrüßen, dass der Aktionsplan wichtige Schwerpunktthemen für zukünftige Maßnahmen der Wirtschafts- und Mittelstandspolitik festlegt. Gleichwohl bedürfen viele Themen einer Ergänzung und Konkretisierung. Für den angekündigten Umsetzungs- und Fortentwicklungsprozess des Aktionsplanes für 2023 möchten wir gern vorab nachfolgende Überlegungen einbringen.
Leistung der mittelständischen Ernährungs- und Genussmittelindustrie anerkennen und in den Aktionsplan als zu fördernden Wirtschaftszweig aufnehmen
Die deutsche Ernährungs- und Genussmittelindustrie ist mit über 638.000 Beschäftigten überwiegend kleinen und mittelständischen Betrieben und einem Jahresumsatz von knapp 186 Mrd. EUR die viertgrößte Industriebranche in Deutschland und führend in Europa. Nahezu 90 Prozent der Beschäftigten arbeiten unbefristet in Vollzeit. Hinzu kommen über 28.000 Auszubildende. Die Ernährungs- und Genussmittelindustrie sichert die Versorgung der 83 Millionen Verbraucher in Deutschland. Aufgrund konzentrierter Absatzkanäle im Inland hat sich als Wachstumstreiber mit einem Umsatzanteil von 35% das Exportgeschäft etabliert. Die deutsche Ernährungs- und Genussmittelindustrie hat aus der deutschen Landwirtschaft einen hohen Selbstversorgungsgrad und verarbeitet 80 Prozent der regionalen Rohstoffe. Darüber hinaus ist die Branche fest in globale Rohstofflieferketten integriert, um Versorgungssicherheit aber auch Vielfalt und Qualität zu jeder Zeit sicherstellen zu können. Deutschland ist als viertgrößter Exporteur und drittgrößter Importeur von Lebensmitteln ein wichtiger Akteur am Weltmarkt. Diese Wirtschafts- und Versorgungsleistung der überwiegend mittelständischen Ernährungs- und Genussmittelindustrie muss in einer übergeordneten und ganzheitlichen Strategie der Bundesregierung für den Mittelstand angemessen berücksichtigt werden.
Als viertgrößter deutscher Industriezweig und Zentrum der Lebensmittelkette kommt der Ernährungsindustrie eine besondere Rolle in der Transformation zu, welche entsprechend im Aktionsplan berücksichtigt werden sollte. Neben Einspar- und Effizienzpotentialen bei Ressourcen können in der Lebensmittelkette auch Emissionen kompensiert werden (CO2 Bindung). Die Lebensmittelwirtschaft ist zudem ein wichtiger Produzent erneuerbarer Energien und trägt somit zu einer nachhaltigen Bioökonomie bei. Dabei gilt, dass die Verwendung als Lebensmittel stets Vorrang vor der Verwendung als Energieträger haben muss. Zudem darf die Nutzung erneuerbarer Energien nicht zulasten des für die Lebensmittelproduktion nötigen Wasserverbrauches gehen.
Transformation in Krisenzeiten muss für alle Unternehmen machbar bleiben
Die Corona-Pandemie und der Ukrainekrieg haben die Ernährungsindustrie in die wirtschaftliche Stagnation und die größte Rohstoff- und Energiekrise der Nachkriegszeit geführt. Die Produktionskosten haben sich mit der Pandemie deutlich verteuert, Unternehmen führen Kostensteigerungen im zweistelligen Prozentbereich allein auf die Pandemie zurück z.B. durch die pandemiebedingte Knappheit von Verpackungen, Produktionsmitteln oder auch Logistikengpässe (Fahrermangel etc.). Auch die Agrarrohstoffpreise und Energiepreise haben einen historischen Preisanstieg hinter sich. Dies verdeutlicht, welchen enormen Kostendruck die Ernährungsindustrie ausgesetzt ist. Die Unternehmen rechnen nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2023 mit einer Entspannung bei den Lieferkettenengpässen, ungewiss bleibt, ob bzw. wann mit der besseren Verfügbarkeit auch eine wesentliche Entspannung bei den Kosten einhergehen wird. Die nun eingetretene Krise durch den Krieg in der Ukraine verschärft die Beschaffungslage wesentlicher Produktionsmittel aber insbesondere für Energie dramatisch.
Gleichzeitig befindet sich die Ernährungsindustrie in der Transformation hin zu nachhaltigeren und digitalisierten Geschäftsmodellen und hat die Resilienz unserer Ernährungsversorgung zu sichern. Die Ernährungsindustrie steht zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der Agenda 2030 und den Klimaneutralitätszielen des EU Green Deal. Damit die Unternehmen der Ernährungsindustrie diese Aufgaben erfüllen und weiterhin Beschäftigung und Wachstum am Standort Deutschland sicherstellen können, müssen Maßnahmen für einen an marktwirtschaftlichen Prinzipien orientierten, ordnungspolitischen Rahmen ergriffen werden. Nur so kann die Produktionsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit erhalten und die Planungssicherheit verbessert werden. Den von den Energiepreis- und Produktionskostensteigerungen besonders betroffenen Unternehmen muss besondere Unterstützung in der Transformation gewährt werden, auch um den Druck auf die Endverbraucherpreise abzumildern.
Die Transformation zu einer nachhaltigen aber auch resilienten Lebensmittelproduktion in Deutschland setzt die Verfügbarkeit von Rohstoffen und Produktionsmitteln zu bezahlbaren und damit wettbewerbsfähigen Preisen voraus. Zudem braucht es Lösungen für den Fach- und Arbeitskräftemangel, mit dem die Branche konfrontiert ist. Die Gründe liegen im demografischen Wandel aber auch in den sich verändernden Anforderungen durch Digitalisierung sowie in der nachhaltigen Transformation der Arbeit. Betroffen sind sowohl Fach- und Arbeitskräfte, als auch Nachwuchstalente, denn nicht nur offene Arbeitsstellen, sondern auch Ausbildungsstellen bleiben immer öfter unbesetzt. Die überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen schaffen die Transformation in eine nachhaltige Zukunft mit guten Arbeitsplätzen daher nur dann, wenn ihre Leistungsfähigkeit die Grundlage darstellt und ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibt. Dem Erhalt des Wirtschaftsstandorts Deutschland und die Unterstützung des Mittelstandes in der Transformation sollte daher in dem Aktionsplan noch stärker Rechnung getragen werden.
Enge Koordinierung der Politik ist für den Erfolg des Aktionsplanes notwendig
Der Aktionsplan deckt viele aber nicht alle wesentlichen Themen der Transformation für die deutsche Wirtschaft ab. Wichtig ist, dass die Transformation eine Politikfeld-übergreifende Herausforderung bleibt, die eine enge Abstimmung innerhalb der Bundesregierung aber auch zwischen EU und Mitgliedstaaten voraussetzt. Schließlich sollen mit dem Green Deal wesentliche Weichenstellungen für die Transformation erfolgen, welche in den Mitgliedstaaten umzusetzen sind.
Zielführende Maßnahmen für mittel- und langfristig wettbewerbsfähige Energiepreise sind notwendig
Der Aktionsplan bietet eine Bestandsaufnahme wichtiger energiepolitischer Maßnahmen, um die Energiekostenbelastung in der derzeitigen Energiepreiskrise zu senken. Dennoch braucht es daneben auch eine mittelfristige energiepolitische Strategie für die Transformation. Die angestrebte beschleunigte Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern muss planbar und wirtschaftlich für die Unternehmen bleiben. Das Schaffen wettbewerbsfähiger Energiepreise durch die Nutzung aller sicheren verfügbaren Energiequellen in Deutschland sollte ein Ziel sein. Durch einen europäischen Industriestrompreis könnte zudem ein Level-playing field im Binnenmarkt geschaffen werden. Die Pläne der Bundesregierung für den grünen Industriestrom sind daher schnellstmöglich zu konkretisieren und in einem offenen Dialogprozess voranzutreiben.
Die Finanzierbarkeit, Wettbewerbsfähigkeit aber auch die Sicherheit sind Grenzen, die in diesem Transformationsprozess der Energieversorgung zu berücksichtigen sind. Für die Ernährungsindustrie, im Besonderen für Mineralbrunnen, Heilbrunnen und Quellwasser abfüllende Betriebe ist Wasser von größter Bedeutung. Produktionstechnisch wird es in der gesamten Ernährungsindustrie als Produktions-, Prozess-, Sanitär- sowie technisches Wasser genutzt. Im Rahmen dieser Funktionen ist es vielfach erforderlich, dass das eingesetzte Wasser Trinkwasserqualität aufweist. Die Ernährungsindustrie setzt sich deshalb für einen verantwortungsvollen und effizienten Umgang mit dieser Ressource ein. Vor diesem Hintergrund ist es unabdingbar, dass dem umweltbezogenen Gefährdungspotenzial und den Unwägbarkeiten, die mit der Fracking-Technologie verbunden sind, konsequent Rechnung getragen wird.
Dekarbonisierungsstrategie muss Energiebedarfe im ländlichen Raum stärker berücksichtigen
Für den Umstieg auf Strom aus erneuerbaren Energie und grünen Wasserstoff wird zusätzlich zu den im Aktionsplan angesprochenen Punkten die Beseitigung bestehender Ausbaugrenzen für erneuerbare Energien durch jetzige Einspeiseobergrenzen vorgeschlagen. Weiter sollte das Bereitstellen und der Ausbau zentraler Energiespeicher, etwa über die Stadtwerke, ermöglicht werden, um Unternehmen eine Option zu geben, Energie aus regenerativen Quellen zu speichern. Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass die vollständige Umstellung der Energiequellen nur auf Strom nicht für alle Industriezweige funktionieren kann. In Industriestandorten mit hohem Energiebedarf genügen auch unter Berücksichtigung von Energieeffizienzpotentialen schlicht die Netze im ländlichen Raum nicht aus, um den Bedarf zu decken, was in der Lebensmittelproduktion im schlimmsten Fall zu Lebensmittelverschwendung führen kann. Allein Wärmepumpen, Boiler u.ä. sind hier keine Lösung. Aktuell helfen industrieeigene KWK-Anlagen die ländlichen Netze vereinzelt zu stabilisieren, vollständig Fremdstrom betriebene Fabriken würden aufgrund ihres hohen Bedarfs und der hierfür historisch nicht ausgelegten Netze – die Netzstabilität aber gefährden. Eine Ertüchtigung der Netze wird bis weit über 2030 nicht realistisch (fehlende Steuerungsmöglichkeit und zu hohe Netzausbaukosten) möglich sein und würde unsere Transformation bis 2045 gefährden. Auch Wasserstoff wird vor Ort nicht genügend verfügbar sein.
Deshalb muss die Nutzung der eigenen Reststoffbiomasse (aus eigenen Produktionsresten als Festbrennstoff) oder fermentiert zu Biogas für Wärme- und Stromerzeugung vor Ort nach Bedarf in der Strategie berücksichtigt werden. Wo der bedarfsgerechte Stromnetzausbau (insbesondere aufgrund der Netzsituation im ländlichen Raum) nicht möglich ist, wird die Nutzung von Biomassereststoffen und Abfällen zu berücksichtigen sein. Dies gilt vor allem im Zusammenhang mit dem örtlichen wie auch dem saisonalen industriellen Wärmebedarf abseits der Zentren.
Die BVE hat als eine der ersten Industriezweige mit Unterstützung der Bundesregierung die Klimaschutzkampagne „Plus Plus Prinzip“ durchgeführt, welche durch Schulungen, Leitfäden und Veranstaltungen für über eintausend Unternehmen bisher einen großen Beitrag zur Erarbeitung von Unternehmensstrategien für die Klimaneutralität geleistet hat. Die Kampagne sollte daher auch über 2022 hinaus fortgeführt werden.
Ohne Beseitigung des Arbeits- und Fachkräftemangel keine Transformation
Wer heute eine Ausbildung beginnt, steht morgen als qualifizierte Arbeits- und Fachkraft der Wirtschaft zur Verfügung. Die Zahl der Studierenden nimmt kontinuierlich zu, die Zahl der Auszubildenden ab – auf einen Ausbildungsplatz fallen rund zwei Studienplätze. Da der Bedarf an Arbeits- und Fachkräften steigt, bleiben zu viele Ausbildungsplätze unbesetzt. Daher bietet sich der Politik die Chance, die Übergangsphase von Schul- zu Berufswelt noch besser zu begleiten, um den jungen Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Bildungspolitik ist Ländersache, für die Berufsorientierung an den Schulen muss bundesweit Platz und Freiraum in den Lehrplänen geschaffen werden, damit eine systematische Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler gelingt. Die im Koalitionsvertrag formulierte Ausbildungsgarantie soll allen jungen Menschen, die noch nicht über einen Berufsabschluss verfügen, Zugang zu einer vollqualifizierenden, möglichst betrieblichen Berufsausbildung eröffnen. Die durch das BMAS erfolgte Konkretisierung der ersten beiden Stufen mit der Einstiegsqualifizierung und einem Mobilitätszuschuss sind in ihrer Wirkungsrichtung grundsätzlich zu begrüßen, kritisch zu bewerten bleiben hingegen die nicht mit den praktischen Gegebenheiten übereinstimmenden Überlegungen zu der Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung (BaE): Wir fordern die klare Absage an ein Umlagesystem, das Betriebe benachteiligt die nicht ausbilden können oder die ihre Ausbildungsstellen schlicht nicht besetzt bekommen. Wir schlagen vor, eine Überprüfung des Wechsels in reguläre Ausbildung nach einem Jahr im Ausbildungsvertrag festzuhalten.
Auch ist Qualifizierung an den Bedürfnissen der Betriebe auszurichten. Der Weiterbildung kommt bei der Gestaltung des Strukturwandels eine entscheidende Rolle zu. Kleine und mittlere Unternehmen müssen bei der Planung und Durchführung von Weiterbildung unterstützt werden. Dafür sollte der bestehende Rechtsrahmen der Beschäftigtenförderung vereinfacht werden. Die betriebliche Weiterbildung von Beschäftigten ist in erster Linie Aufgabe der Unternehmen, die diese Verantwortung auch wahrnehmen. Nur sie wissen, welche Qualifizierung für ihre Beschäftigten betrieblich sinnvoll und notwendig ist.
Eine weitere Maßnahme zur Beseitigung des Fach- und Arbeitskräftemangels ist die Erleichterung von Erwerbsmigration. Wir brauchen weiterhin qualifizierte Erwerbsmigration aus dem Ausland. Deutschland muss als Einwanderungsland attraktiver werden. Das von der Bundesregierung geplante Chancenaufenthaltsrechtsgesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung, um die Chancen einer Arbeitsmarktintegration zu erhöhen. Die Verwaltungsverfahren müssen vereinfacht, digitalisiert, beschleunigt und damit planbar für Arbeitgeber und ausländischer Arbeitskraft ausgestaltet werden. Die langen Wartezeiten bei der Vergabe von Visaterminen müssen ein Ende haben, wenn die Unternehmen den Entscheidungsprozess abgeschlossen haben, sollte auch der Verwaltungsprozess sein Ende finden.
Weiter sollte im Rahmen der im Eckpunktepapier verankerten Verkehrswende auch eine Diskussion um Verkehrsinfrastruktur erfolgen. So würde für viele Betriebe im ländlichen Raum eine verbesserte Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln den Fachkräftemangel aber auch die Klimaauswirkungen verringern.
Grüne Finanzierung darf keinen Finanzierungsengpass für den Mittelstand bedeuten
Zum Gelingen der Transformation tragen die großen deutschen Unternehmen der Ernährungsindustrie ebenso bei wie die zahlenmäßig überwiegenden kleinen und mittelständischen Betriebe. Die Transformation ist ein Prozess, dessen Maßnahmen für ein nachhaltigeres Wirtschaften oft mit steigenden Kosten verbunden sind. Insbesondere für KMUs stellt dies eine ungleich größere Herausforderung dar. Es gilt daher sicherzustellen, dass auf in der Transformation die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe am Weltmarkt heute und in Zukunft gewährleistet bleibt. Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass die Transformation, je nach Branche, auf unterschiedliche Weise erzielt werden kann. Eine „one size fits it all“-Lösung, die für jedes Unternehmen bzw. jede Teilbranche gleichermaßen gilt, ist somit nicht zielführend und wird der Komplexität der gemeinsamen Herausforderung nicht gerecht. Anreize für Investitionen sowie Forschung und Entwicklung sind wichtige Kernelemente auf dem gemeinsamen Weg zur Transformation. Oberste Prämisse sollte dabei sein, dass die Transformation mit marktwirtschaftlichen Grundsätzen vereinbar ist. In Bezug auf die Finanzierung der Transformation muss insbesondere die EU-Taxonomie kritisch geprüft werden. Die hier vorgeschlagenen Anforderungen sind insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen unverhältnismäßig. Faktisch droht die Taxonomie so vor allem durch den sehr allgemein gefassten Geltungsbereich mit gleichzeitig sehr spezifischen, kaum erfüllbaren Kriterien zu einem Finanzierungsengpass für die mittelständische Wirtschaft zu führen. Auch werden die Unternehmen durch die fehlende Koordinierung mit anderen EU-Maßnahmen auf nicht nachvollziehbare Weise mit doppelten Berichtspflichten belastet.
Offener Welthandel und Nachhaltigkeit nach multilateralen Regeln anstreben
Der Welthandel muss wiederbelebt und die Modernisierung der WTO fortgesetzt werden. Zur Stärkung des Exportgeschäftes und Öffnung neuer Märkte sind multi- und bilaterale Handelsabkommen – auf Ebene der WTO und mit strategisch wichtigen Märkten –, bilaterale Abkommen und Zertifikate zur Tier- und Pflanzengesundheit sowie darüber hinaus eine gezielte Exportförderung durch die Bundesregierung erforderlich. Darüber hinaus soll der Welthandel fairer und nachhaltiger werden, dabei müssen die Möglichkeiten der WTO-Regularien voll ausgeschöpft werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Auch muss sichergestellt werden, dass handelspolitische Maßnahmen die hohen europäischen Standards nicht absenken. Alle Produkte am Binnenmarkt müssen die Produktionsanforderungen der EU erfüllen. Alle zukünftigen Handelsabkommen der EU müssen Nachhaltigkeitskapitel mit wirksamen Durchsetzungsmechanismen enthalten, die zu der Agenda 2030 und international vereinbarten Nachhaltigkeitszielen beitragen. Handelsabkommen sollten jedoch keine Sanktionsmechanismen einführen, die die entsprechenden völkerrechtlichen Abkommen nicht vorsehen.
Die Umsetzung und Anwendung aller handelspolitischen Instrumente muss koordiniert, die Zollabwicklung praxistauglich erfolgen und den Erfordernissen kleiner und mittelständischer Betriebe gerecht werden.
Politik muss Forschung und Innovationen und vor allem ihre Anwendung fördern
Innovationshürden für die Ernährungsindustrie wie fehlendes Eigen- und Fremdkapital, der fehlende Zugang zu staatlichen Zuschüssen und Fördermitteln aber auch lange Zulassungsverfahren für neue Produkte sind zu beseitigen, mehr Forschungsinvestitionen sind zu fördern. Um die vorwettbewerbliche Forschung zu stärken, muss das Finanzierungsniveau öffentlicher Fördermittel angehoben und ihre Fokussierung verbessert werden.
Um die vorwettbewerbliche Forschung zu stärken, muss das Finanzierungsniveau themenoffener mittelstandsorientierter Förderprogramme wie der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) bedarfsgerecht angehoben werden. Im Rahmen eines Innovationspaktes für den deutschen Mittelstand ist die Fördermittelausstattung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) kontinuierlich auf mindestens 250 Millionen Euro jährlich aufzustocken, um noch mehr KMU eine Projektbeteiligung zu ermöglichen.
Keine doppelten Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten und keine Delegation von Sorgfaltspflichten
Die Vermeidung doppelter Berichtspflichten muss zwingend in dem Aktionsplan verankert werden. Nachhaltigkeitsberichte dürfen nicht zu Bürokratiemonstern werden, da in der Praxis auch kleinere und mittlere Unternehmen berichten müssen. Die verschiedenen Berichtspflichten müssen durch einen Bericht der Unternehmen erfüllt werden können, um Dopplungen und somit unnötige Mehrarbeit zu vermeiden. Regulierungsvorhaben, die eine Nachhaltigkeitsberichterstattung vorsehen, sollten daher zwingend auch Regelungen zur Anerkennung von Nachhaltigkeitsberichten enthalten.
Die BVE unterstützt seit 2016 in Zusammenarbeit mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung die Ernährungsindustrie mit Branchenleitfäden, Informationsveranstaltungen und Webinaren in der freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattung mit dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex. Die Weiterentwicklung und Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung mit dem DNK aber auch deren Einbindung und Anerkennung im Rahmen der Arbeiten um einen EU-Berichtsstandard werden von der BVE daher ausdrücklich begrüßt. Aus Sicht der BVE wäre es darüber hinaus wünschenswert, wenn sich die Bundesregierung dafür einsetzen würde, den geplanten EU-Berichtsstandard für direkt von der CSRD betroffene KMU auf Basis der niederschwelligen DNK-Struktur zu entwickeln. Orientierungshilfen für indirekt betroffene KMU (voluntary guidelines), wie sie aktuell von der EFRAG angedacht werden, sollten sich ebenfalls an den im Rahmen des DNK gesammelten Erfahrungen orientieren. In Kombination mit etablierten Management-Ansätzen wie dem ZNU-Standard Nachhaltiger Wirtschaften, können Unternehmen beim Erheben und der Berichterstattung von Nachhaltigkeitsinformationen zielgruppengerecht unterstützt werden.
Insbesondere sollten nationale Berichtspflichten wie nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) bis zum Inkrafttreten der europäischen Sorgfaltspflichtenregelung aufgeschoben werden. Weiter ist der Mittelstand nicht nur in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu unterstützen, er muss auch klar und rechtssicher von einer Delegation von Sorgfaltspflichten auf die Zuliefererebene geschützt werden. Die im Aktionsplan thematisierte Unterstützung in Hinblick auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDD-Richtlinie) ist daher auszubauen. Zwingend muss auf eine deutliche Einschränkung des Anwendungsbereiches der CSDD hingewirkt werden.
Trotz bewusst eingeschränkten Geltungsbereiches des LkSG sind tatsächlich deutlich mehr Unternehmen von den umfassenden Regelungen betroffen, da Großunternehmen an der Spitze der Lieferkette die ihnen auferlegten Pflichten an alle Zulieferer und Subunternehmer durch Weitergabeklauseln durchreichen. Problematisch ist für die kleinen und mittelständischen direkten oder indirekten Zulieferer dabei, die umfassenden Informationen nach LkSG rechtssicher vorlegen zu können. Insbesondere die vorhandenen Informationsasymmetrien in globalisierten und komplexen Agrarhandelslieferketten stellen die Hersteller vor große Herausforderungen, wenn auf unmittelbarer Lieferantenebene eine Vielzahl von eigenständigen Akteuren involviert ist. Öffentlich verfügbare und vertrauenswürdige Informationen zur Menschenrechtslage, um die Risikoanalyse zu erleichtern oder hilfreiche Aussagen zu Selbstauskünften, Audits oder Zertifizierungen fehlen. Zudem fallen erhebliche finanzielle Aufwendungen für die externe anwaltliche Beratung zur Sicherstellung der rechtskonformen Umsetzung des LkSG an. Da die Vorschriften zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette komplett neu sind und weder die zuständigen Aufsichtsbehörden noch die Unternehmen selbst Erfahrungswerte haben oder über Standards verfügen, lässt sich die Umsetzung der Vorschriften ohne externe Beratung kaum realisieren. Wir sehen daher folgenden Unterstützungsbedarf:
Staatliche Anerkennung „sicherer Herkunftsländer“
Überaus hilfreich wäre es, wenn der nationale und/oder der EU-Gesetzgeber ein mögliches Moratorium dazu nutzen würde, eine eigene Risikoanalyse durchzuführen, um sämtliche Staaten dahingehend zu bewerten, ob sie im Rahmen der Vorgaben des LkSG als „sichere Herkunftsländer“ gelten können. Als sichere Herkunftsländer könnten etwa die Staaten gelten, die die einschlägigen Konventionen für Menschen- und Arbeitnehmerrechte ratifiziert haben und über eine funktionierende rechtsstaatliche Ordnung verfügen. Hierauf basierend könnte eine Positiv- und Negativliste von Staaten erstellt werden und die Risikoanalyse der betroffenen Unternehmen deutlich vereinfacht werden. Denn bereits der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) attestiert in seinem Gutachten vom 7. April 2022, dass ein unnötiger Aufwand entsteht, wenn im Ausland tätige Unternehmen mit mehreren europäischen Unternehmen über Lieferketten verbunden sind und dann ein mehrfaches Monitoring durch all diese Unternehmen erfolgen muss. Ebenso sei es ineffizient, ein Monitoring für Unternehmen vorzusehen, die in Ländern angesiedelt sind, die über intakte rechtsstaatliche Institutionen verfügen, sodass unterstellt werden kann, dass Verstöße gegen Menschen- und Arbeitnehmerrechte dort wirksam vor Gericht gebracht werden können. Mittels der vom Beirat vorgeschlagenen Listen kann der Monitoringaufwand erheblich reduziert werden, ohne dass eine Verschlechterung bei der Wahrung von Menschen- und Arbeitnehmerrechten befürchtet werden müsste. Hilfreich wäre zudem eine kollektive, zentrale Plattform zur Informationsgewinnung, bei der Lieferanten einmalig und zum bedarfsweisen Abruf z.B. Zertifikate oder sonstige „sachdienliche“ Informationen hinterlegen könnten. Denn es ist absehbar, dass Lieferanten, insbesondere aus „riskanten“ Ländern oder Branchen mit Fragebögen geradezu überschwemmt werden – mit der Folge, dass die Rücklaufquoten gering sein werden, was wiederum die berichtspflichtigen Unternehmen vor erhebliche Probleme stellen wird.
Einrichtung staatlicher Konformitätsverfahren
Derzeit erarbeitet jedes betroffene Unternehmen einen eigenen Verhaltenskodex (Code of Conduct), mit dem Lieferanten und Abnehmer dazu angehalten werden, die Vorgaben nach dem LkSG einzuhalten. Teilweise werden Unternehmen auch vertraglich über Lieferbedingung zur Einhaltung des LkSG verpflichtet, und das, obwohl sie nicht in den Anwendungsbereich des LkSG fallen. Dies führt dazu, dass jedes Unternehmen mit einer Vielzahl teils gleichlautender Verhaltenskodizies konfrontiert wird und jedes Unternehmen die Anerkennung des eigenen Verhaltenskodes fordert. Mit Blick auf den Regulierungsvorschlag der EU würde sich dieser Aufwand vervielfachen. Um mehr Vertrauen zu schaffen, wäre eine EU-weite Plattform mit einer Positivliste hilfreich, die Unternehmen nach abgeschlossener Berichtsprüfung durch das BAFA zeitlich befristet als unbedenklich einstuft. Auf diese Weise wäre sichergestellt, dass eine Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen berechenbar ist und die Gefahr für Verstöße gegen das LkSG gering ist. Zudem wäre ein staatliches automatisiertes und EU-weites Verfahren hilfreich, im Rahmen dessen Unternehmen ihre Verhaltenskodizies zertifizieren lassen können, um so eine gegenseitige Anerkennung zu vereinfachen. Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich des LkSG fallen, sollten ebenfalls von staatlicher Seite dabei unterstützt werden, nicht über den Weg des Privatrechts zur Einhaltung des LkSG verpflichtet zu werden. Hier könnte ebenfalls eine Plattform, etwa nach dem Beispiel des Lobbyregisters, helfen, die nur solche Akteure auflistet, die auch tatsächlich betroffen sind und Sorgfaltspflichten nach dem LkSG einhalten müssen.
Aufbau von Pilotprojekten für kollektive Beschwerdemechanismen
Die BVE ist mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie der GIZ im Austausch über den Aufbau kollektiver Beschwerdemechanismen im Rahmen der Branchendialoge Wirtschaft und Menschenrechte. Hier wurde avisiert, dass Piloten analog zur Automobilindustrie auch für die Ernährungsindustrie denkbar wären. Die BVE möchte mit der Bundesregierung den Aufbau solcher Pilotprojekte für einen kollektiven Beschwerdemechanismus in wesentlichen Lieferländern gern aktiv vorantreiben. Aus Sicht der BVE könnte hier auch erwogen werden, das Auslandsnetzwerk der Bundesregierung (bspw. Agrarzentren etc.) einzubinden. Die Piloten sollten aus Sicht der BVE in Lieferländern aufgebaut werden, die in Hinsicht auf das Importvolumen für eine Vielzahl der vielfältigen Teilbranchen relevant sind aber auch menschenrechtliche Risiken bergen. Auch im Kakaobereich wurde ein Pilotprojekt für einen unternehmensübergreifenden Beschwerdemechanismus in der Elfenbeinküste gestartet.
EU Harmonisierung der Regeln für die Kreislaufwirtschaft mit Augenmaß vorantreiben
Die Ernährungs- und Genussmittelindustrie ist als Verwender von Verpackungen bestrebt, deren Gestaltung, Einsatz und Verwertung zu optimieren und Innovationen in diesem Bereich voranzutreiben. Der von der EU-Kommission veröffentlichte Entwurf einer neuen EU-Verpackungsverordnung zielt darauf ab, die Anforderungen an Verpackungen und ihre Verwertung zukünftig unmittelbar zu regeln. In einer ersten Bewertung beurteilt die BVE dieses Vorhaben von der Zielrichtung her positiv. EU-einheitliche Regeln, die einen nationalen Flickenteppich vermeiden und administrativen Aufwand reduzieren, sind grundsätzlich zu begrüßen. Das Gleiche gilt für eine ambitionierte ökologische Weiterentwicklung von Verpackungen. Insbesondere im Hinblick auf die im Verordnungsentwurf vorgesehenen Vorgaben von Rezyklateinsatz- und Mehrwegquoten mahnt die BVE jedoch an, dass entsprechende Regelungen faktenbasiert auf der Grundlage von fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen und mit Augenmaß getroffen sowie regulatorische Schnellschüsse vermieden werden. Beispielsweise ist zu berücksichtigen, dass bislang nur Polyethylenterephthalat (PET)-Rezyklate für den Einsatz in Nahrungsmittelverpackungen zugelassen sind und eine Zulassung anderer Kunststoffe zurzeit nicht absehbar ist. Auch die vorgesehenen Mehrwegquoten sind zu hinterfragen. Dies gilt etwa im Hinblick auf den zusätzlichen Logistikaufwand und die damit verbunden ökologischen Auswirkungen. Mit Besorgnis stellt die BVE fest, dass der Vorschlag der Europäischen Kommission weitreichende Befugnisse einräumt, um Maßnahmen, wie das Verbot bestimmter Verpackungsarten, auszuweiten, was den Unternehmen in der EU die Planbarkeit ihrer Investitionen in den kommenden Jahren erschweren würde. Entsprechendes gilt für den Verwaltungsaufwand und die damit verbundenen Kosten, die der Vorschlag den Unternehmen gegebenenfalls aufbürdet.
Einen anderen Ansatzpunkt stellt die Verwertung von Biomasse dar, die im Rahmen der Nahrungsmittelherstellung anfällt. Um Ressourcen zu schonen, haben sich in der Lebensmittelherstellung verschiedene Weiterverwertungsmechanismen von Reststoffen und Nebenprodukten etabliert. Nebenprodukte, die im Rahmen der Nahrungsmittelproduktion anfallen, spielen unter anderem bei der Tierfutterherstellung eine erhebliche Rolle. Die Futtermittelhersteller verwenden beispielsweise Kleien und Nachmehle aus Mehlmühlen, Ölschrote und -kuchen aus Ölmühlen, Maiskleber aus der Stärkegewinnung, Trockenschnitzel aus Zuckerfabriken, Molkeprodukte aus Molkereien oder auch Treber aus Brauereien. Diese Produkte eignen sich aufgrund ihres Geschmacks oder ihrer Konsistenz nicht für die menschliche Ernährung, ihre Nährstoffe haben aber große Bedeutung in der Tierernährung. Würde man diese Rest- und Nebenprodukte einfach entsorgen, wäre dies eine Ressourcenverschwendung. Vor diesem Hintergrund bedarf es eines sicheren Rechtsrahmens, der die Verwendung dieser Biomasse ermöglicht.
Einen weiteren wichtigen Aspekt stellt in diesem Kontext ferner die Thematik der „Lebensmittelverschwendung“ dar. Lebensmittel und Getränke, die nicht ihrer ursprünglichen Verwendung zur menschlichen oder tierischen Ernährung zugeführt werden (können), werden zu Lebensmittelverlusten und/oder -abfällen. Damit gehen nicht nur wertvolle Ressourcen aus der globalen Nahrungsmittelproduktion verloren, sondern mit jedem weggeworfenen Lebensmittel ist auch ein hoher Verbrauch an Energie, Wasser und anderen Rohstoffen in der Kette vom Anbau bis zum Handel verbunden. Dies erzeugt Treibhausgase und belastet das Klima. Die Ernährungsindustrie ist sich dem bewusst und verfolgt seit vielen Jahren das Ziel, Lebensmittelverluste und -abfälle in Deutschland zu reduzieren bzw. diese sinnvoll weiter zu verwerten. In den Betrieben werden Lebensmittel nicht verschwendet – daran haben Unternehmen ein natürliches, betriebswirtschaftliches Interesse. Durch den Einsatz neuer Techniken, durch digitale Innovationen und die Integration von Nachhaltigkeitszielen in der Unternehmensführung werden täglich Fortschritte in der Vermeidung und Wiederverwertung von Abfällen und Verluste erreicht, dies gilt auch für die Reduzierung der Lebensmittelverluste und -abfälle.
Um zusätzliche Potentiale zu heben und Unternehmen darüber hinaus zu motivieren an weiteren Einsparungen zu arbeiten, bedarf es einer realitätsnahen Arbeitsgrundlage sowie politische Erwartungen an die Branche, die von den Unternehmen auch in der Praxis umgesetzt werden können. Unflexible Reduktionsvorgaben, die den gesamtwirtschaftlichen Kontext außer Acht lassen sind hier kontraproduktiv. Vielmehr braucht es in Deutschland und Europa einen Ausbau der Förderung gemeinnütziger Organisationen wie z.B. der Tafeln, um die heute bereits große Menge gespendeter Lebensmittel noch einmal deutlich zu steigern. Dafür wäre es hilfreich, jene lebensmittelrechtlichen Vorschriften unter Wahrung der Produktsicherheit zu ändern, die eine Weitergabe von Lebensmitteln an gemeinnützige Spendenempfänger-Organisationen behindern. Des Weiteren braucht es eine dauerhafte EU-gesetzliche Regelung für Entlastungen bei der steuerlichen Behandlung von Sachspenden.
Bürokratieabbau muss die Transformation übergeordnet begleiten
Die Ernährungs- und Genussmittelindustrie fordert laufende und anstehende Regulierungsvorhaben im Rahmen des EU Green Deal auf ihre Auswirkungen auf die Resilienz der europäischen Lebensmittellieferketten zu überprüfen. Bürokratische Maßnahmen, insbesondere Dokumentationspflichten, die die Unternehmen in der derzeit höchst angespannten Marktsituation zusätzlich belasten, sind aufzuschieben. Ein Belastungsmoratorium muss umgesetzt werden, das den Mittelstand entlastet. Ebenso sind bürokratische Hindernisse bei Förderinstrumenten, wie z.B. KfW-Krediten, abzubauen. Es hat sich gezeigt, dass viele Antragsverfahren zu aufwändig für mittelständische Unternehmen sind.
Lastenverteilung in der Kette gewährleisten
Die bestehenden und mit der Transformation weiter absehbaren Kostensteigerungen in der Lebensmittelproduktion können nicht von den Lebensmittelherstellern allein getragen werden. Eine Verteilung der Kostenlast entlang der Kette auch bis zum Verbraucher ist notwendig, um die Ertragslage der Produktionsbetriebe nicht zu gefährden und Produktion rentabel aufrecht erhalten zu können. Die Versorgung mit Lebensmitteln in Deutschland wird durch die große Vielfalt an Lieferanten und Produzenten gesichert, da mögliche Ausfälle besser kompensiert werden können. Die Versorgungssicherheit ist daher nur bei Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit dieser mittelständischen Lebensmittelunternehmen möglich. Dazu müssen die wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen dieser vielen Lieferanten für den stark konzentrierten Einzelhandel verbessert werden. Die Politik muss im Blick haben, dass mit der Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel eine Verhandlungsstärke verbunden ist, die für die Hersteller häufig zu diskriminierenden Auswirkungen und einer unzureichenden Verteilung der Kostenlast führt.