Marmelade to go? Das UBA steht erneut in der Kritik

Für abgepackte Marmeladen wird künftig eine Sonderabgabe fällig. Das Umweltbundesamt stuft die kleinen Portionspackungen in die gleiche Kategorie wie Coffee-to-go-Becher im Sinne des Einwegkunststofffondsgesetzes ein. Dafür hagelt es Unverständnis. Nicht zum ersten Mal kritisieren Experten, dass das Gesetz sein Ziel verfehle. Generell häufen sich in letzter Zeit die Abgaben für Kunststoff und belasten die Unternehmen.

Erdbeermarmelade in kleinen Portionen.Quelle: elizaveta66 – stock.adobe.com

Nach leeren Ayran- und Joghurtbechern folgen nun Portionsverpackungen für Marmelade: Das Umweltbundesamt (UBA) stuft auch sie als abgabepflichtig im Sinne des „Einwegkunststofffondsgesetzes“ (EWKFondsG) ein und setzt sich damit erneut über die Empfehlung der Einwegkunststoff-Kommission hinweg. Die Sonderabgabe ist fällig für Kleinstverpackungen aus Polypropylen, die in einer Verkaufseinheit von 100 Portionspackungen mit jeweils 25 Gramm Fruchtaufstrich an den Großhandel abgegeben werden.

„Kein ökologischer Vorteil“

„Die Entscheidung zeigt erneut, dass das Bundesumweltamt den Anwendungsbereich des Gesetzes möglichst weit fassen will und ihn dafür über den Wortlaut hinaus interpretiert“, so Peter Feller, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Er kritisiert: „Das widerspricht den Intentionen des EU-Gesetzgebers und belastet Verbraucher und Wirtschaft gleichermaßen, ohne auch nur ansatzweise einen ökologischen Vorteil für die Umwelt zu generieren.“

„Wer bitte isst Marmelade ,to go?‘ Die Portionspackungen werden in der Gastronomie verwendet, in Krankhäusern und Altenheimen sind sie unverzichtbar. Überall hier werden sie zu 100 Prozent wieder eingesammelt und ordnungsgemäß entsorgt“, sagt Christoph Freitag, Geschäftsführer vom Bundesverband der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie.

Empfehlungen ignoriert

Das UBA begründete die Einstufung damit, dass die Marmeladen-Portionen am Frühstückstisch direkt an den Endverbraucher ausgehändigt werden. Generell fallen sogenannte Multipacks, die im Großhandel verkauft werden, nicht in den Regelbereich der Einwegkunststoffrichtlinie. Doch in der Verfügung heißt es: „Allein der Abgabezeitpunkt der Einzelverpackung Fruchtaufstrich an den Verbraucher birgt das Risiko, dass verbrauchte Verpackungen durch achtloses Wegwerfen in die Umwelt gelangen.“

Mit dieser Bewertung ist die Behörde der Empfehlung der Einwegkunststoff-Kommission abermals nicht gefolgt und hat die ohnehin bestehende Rechtsunsicherheit bei der Anwendung des Gesetzes für Unternehmen und Vollzugsbehörden weiter vergrößert. Die Einwegkunststoff-Kommission ist ein Gremium, das das Umweltbundesamt bei entsprechenden Einordnungsanträgen berät und unterstützt. Es besteht aus Vertretern der Wirtschaft, der Kommunen und der Umwelt-, Entsorgungs- und Verbraucherverbände.

Als einer der bekanntesten deutschen Konfitüren-Hersteller sind auch die Schwartauer Werke betroffen. Die Einstufung des UBA hat das Unternehmen bereits in seine wirtschaftliche Planung einbezogen und plant derzeit keine rechtlichen Schritte. Trotzdem sieht man die Entscheidung kritisch: „Aus unserer Sicht ist es fraglich, Portionsverpackungen generell als abgabepflichtig zu betrachten, denn sie erfüllen in bestimmten Anwendungsbereichen eine essenzielle Funktion. Insbesondere in Pflegeeinrichtungen ermöglichen die Portionsverpackungen eine hygienische Bereitstellung von Lebensmitteln wie Fruchtaufstrichen“, sagt Nina Kirfel, Packaging Development Lead bei den Schwartauer Werken.

Zum Verzehr bestimmt oder geeignet?

Bereits im Herbst 2024 sorgte das UBA für Frust bei der Einstufung von 250-Gramm-Joghurtbechern. Auch hier hatte die Behörde außer Acht gelassen, dass das EWKFondsG nur Behälter für Lebensmittel erfasst, die „dazu bestimmt sind, unmittelbar verzehrt zu werden“ (Anlage 1 Nr. 1 EWKFondsG). Das heißt, dass das Lebensmittel dafür konzipiert sein muss, unmittelbar nach dem Kauf gegessen oder getrunken zu werden, wie es etwa bei Coffee-to-go oder Bratwurst der Fall ist. Hintergrund ist, dass der Konsum außer Haus besonders Littering-geneigt ist.

Gegen den Wortlaut des Gesetzes geht das UBA offenbar davon aus, dass es genügt, wenn das Lebensmittel unmittelbar verzehrt werden „kann und für den unmittelbaren Verzehr „geeignet ist, statt wie in der SUP-D gefordert, für den Verzehr „bestimmt“. Durch diese fragwürdige Auslegung wird der Anwendungsbereich des EWKFondsG erheblich ausgeweitet. Das könnte dazu führen, dass alle verzehrfertigen Produkte im Supermarkt – von Joghurt über Butter bis hin zu Wurstwaren – plötzlich unter das Gesetz fallen.

Kühlregal in einem deutschen Supermarkt mit FrischeproduktenQuelle: EdNurg – stock.adobe.com

Dabei wird beispielsweise Joghurt meist erst zu Hause oder im Büro gegessen und ist mehrere Wochen haltbar. Joghurt ist damit kein Lebensmittel, das für den Sofortverzehr „bestimmt“ ist und unterfällt damit nicht dem EWKFondsG. Die Auslegung des UBA widerspricht zudem den Intentionen des europäischen Gesetzgebers.

Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie hatte auf Linkedin in seiner Glosse „Wahnsinn to go“ bereits mit viel Ironie dargelegt, wie absurd die Abgabe für Joghurt ist. Darin warnt er zudem: „Für die Molkereien bedeutet das Millionensummen! Die Konsequenzen sind dramatisch! Joghurt-Produzenten müssen versuchen, die Kosten weiterzugeben! Gelingt das nicht, wird es für ertragsschwache Molkereien eng.“ Pro Tonne der 250-Gramm-Joghurtbecher sind seit Anfang des Jahres 177 Euro fällig. Am Ende könnte es für die Verbraucher teurer werden.

Kunststoffabgaben häufen sich

Das Einwegkunststofffondsgesetz basiert auf einer EU-Richtlinie. Seit 2024 müssen sich Hersteller von Einwegkunststoffprodukten wie To-Go-Becher, Plastikgeschirr oder Folienverpackungen auf einer Plattform registrieren und in einen Fonds einzahlen. Mit dem Geld sollen die Kosten der öffentlichen Müllbeseitigung gedeckt werden. Welche Produkte unter das EWKFondsG fallen, entscheidet das Umweltbundesamt.

Das Bundesverfassungsgericht berät derzeit über Verfassungsbeschwerden gegen das EWKFondsG. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob die finanzverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer staatlichen Sonderabgabe vorliegen. Die Wirtschaft hatte sich sehr früh für eine privatwirtschaftliche Umsetzung der EU-Vorgaben eingesetzt.

Generell ist die Branche durch immer mehr Kunststoffabgaben belastet. Neben der Sonderabgabe für Einwegkunststoff sind auch Lizenzentgelte für Duale Systeme fällig und seit Neustem machen auch kommunale Verpackungssteuern die Runde.

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