Kritik an „Guter Fisch“-Liste: Gut gemeint ist nicht gut gemacht

Welcher Lachs ist empfehlenswert, welcher nicht? Der neue Ratgeber der Verbraucherzentrale Berlin soll für Klarheit beim Fischkauf sorgen. Stattdessen stecke er voller fachlicher Fehler und verwirrender Angaben, bemängelt das Fisch-Informationszentrum e.V., kurz FIZ. Guter Rat sei für den Verbraucher hier nur schwer zu finden, heißt es.

Quelle: nadianb / Adobe Stock

Fisch ist ein wertvolles und beliebtes Lebensmittel. Doch viele Verbraucher sind verunsichert. Darf man noch mit gutem Gewissen Fisch essen? Und wenn ja, welchen? Mit einer gemeinsamen Liste wollten Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen einen Überblick geben. Das sei nicht gelungen, sagt das FIZ.

Insgesamt zwölf Fische und vier weitere bedingt empfehlenswerte Fische stehen auf der aktuellen Liste „Guter Fisch“. Sie wurde von der Verbraucherzentrale Berlin in Zusammenarbeit mit Verbänden, wie etwa dem WWF, der Deutschen Umwelthilfe oder dem Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung nach aktuellen Umweltdaten, Bestandsgrößen und Fangmethoden zusammengestellt. Darin heißt es: „Als Verbraucherin und Verbraucher sollte Sie darauf achten, dass beim Kauf sowohl der Fischname (Artname), das Fanggebiet und auch die Fangmethode mit den Angaben auf der Liste übereinstimmen.“

Andere Bezeichnungen und eigene Namenskreationen

Doch eine genaue Vergleichbarkeit sei nicht möglich, sagt der FIZ. So orientiert sich die Liste mit ihren Bezeichnungen der Fanggebiete und Fanggeräte zum Teil nicht an gesetzlichen Vorgaben oder entwickelt eigene Namenskreationen. Das ist zum Beispiel bei Rotlachs der Fall. Verbraucher sollen laut der Liste nach dem Fanggebiet „FAO 67 Alaska“ suchen. Diese Bezeichnung werden sie jedoch so auf der Verpackung nicht finden, da sie nach EU-Verordnung korrekt „FAO 67 Nordostpazifik“ heißt. Die zusätzliche Angabe „Alaska“ ist freiwillig und muss nicht immer auftauchen. An einigen Stellen ist vom Nordatlantik die Rede, obwohl der Nordostatlantik gemeint ist. Bei der Angabe zur Ostsee fehlen wiederum Untergebiete wie Kattegat, Beltsee und Öresund.

Auch bei der Angabe der Fanggeräte sind die Bezeichnungen ungenau und basieren teilweise nicht auf der EU-Verordnung der Gemeinsamen Marktorganisation (EU VO 1379/2013). Im Handel ist diese jedoch bindend. Um beim Beispiel Rotlachs zu bleiben, soll dieser mit „Pelagischen Kiemennetzen“ gefangen worden sein, um nach der Liste als empfehlenswert zu gelten. Diese Bezeichnung gibt es in der EU-Verordnung nicht, daher wird sie auch im Handel nicht verwendet und auf keiner Verpackung zu finden sein. Die offizielle Kategorie heißt „Kiemennetze und vergleichbare Netze“.

Auch bei den Angaben der anderen Fischarten gibt es technische und formelle Mängel. Die detaillierten Kritikpunkte können beim >> Fisch-Informationszentrum (FIZ) angefordert werden.

Das FIZ kritisiert auch die Sinnhaftigkeit der Empfehlungen. So wird beispielsweise ein mit Schleppangeln gefangener Rotlachs nicht empfohlen. Beim Ketalschs ist diese Fangart die ausdrückliche Empfehlung.

Verwirrung statt gutem Rat

Das FIZ resümiert: „Der nachhaltige Fischeinkauf wird durch diese neue Liste nicht ermöglicht, geschweige denn vereinfacht. Statt für eine Vereinfachung im weiten Angebot der Einkaufsratgeber zu sorgen, wurde diesem Wirrwarr nur noch ein weiteres, fehlerhaftes Instrument hinzugefügt.“ Es empfiehlt interessierten Verbrauchern, sich an die Expertise ihrer Fischhändler zu halten oder unabhängige Quellen zu nutzen, zum Beispiel:

https://www.fischbestaende-online.de/
https://www.aquakulturinfo.de/

Kritik an Aussagen über die Fischbestände

Kritik gibt es auch an den Aussagen über den Zustand der Fischbestände. So behauptet die Verbraucherzentrale: „Die Mehrzahl der Fischbestände weltweit werden bis an ihre biologischen Grenzen oder darüber hinaus befischt. Nur noch wenige Bestände sind in einem guten Zustand.“

Das stimmt so nicht. Laut aktuellem Report der FAO (SOFIA 2022) befinden sich 35,4 % der marinen Bestände, über die ausreichende Informationen für eine Klassifizierung nach dem Konzept des maximalen nachhaltigen Dauerertrages vorliegen, im roten Bereich. Das heißt, sie sind kollabiert, überfischt oder erholen sich und sind damit derzeit nicht nachhaltig genutzt. Weitere 57,3 % sind maximal, aber nachhaltig genutzt und nur 7,2 % haben noch Entwicklungsmöglichkeiten, sind also „unternutzt“.

Das FIZ kritisiert, dass die Verbraucherzentralen den „maximal genutzten Bereich“ dem roten Bereich zuordnen. So kommt es zu Angaben wie „über 90 % der marinen Bestände sind bis ans Limit genutzt oder bereits kollabiert“. Dies sei eine Fehlinterpretation, die so weit verbreitet ist, dass sich die FAO bereits in ihrem SOFIA-Report 2018 zu einer entsprechenden Klarstellung veranlasst sah: Die Kategorie „maximal genutzt“ dürfe nicht mit „überfischt“ vereint werden, denn maximale Nutzung bedeute optimale Nutzung.

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