Oliver Oehms: Deutsche Produkte erfreuen sich insgesamt einer ausgezeichneten Reputation in der Golfregion. Sie gelten als hochwertig und langlebig, „well-engineered“ und zuverlässig. Das gilt auch für Nahrungsmittel ‚Made in Germany‘, die sich zudem durch ein hohes Qualitätsversprechen auszeichnen, nicht zuletzt mit Blick auf ‚organic products‘, das heißt biologisch-organische Produkte.
BVE: Was macht die Konsumenten dort aus?
Oliver Oehms: Zunächst einmal ist die Golfregion von einer teils sehr hohen Internationalität gekennzeichnet. ‚Den‘ Konsumenten gibt es deshalb nicht. Auch ist der Tourismus beispielsweise in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), dem Oman sowie zunehmend Katar ein wichtiger Faktor nicht nur für den Hospitality-Bereich, sondern auch für den Food- und Non-Food-Einzelhandel. Für alle gilt die Freude am lukullischen Experiment, was unterstützt wird durch sowohl einen hochwertigen gastronomischen Sektor als auch differenzierten Lebensmitteleinzelhandel. Zugleich ist der Wettbewerb vor allem in den Emiraten nicht zu unterschätzen, anders als beispielsweise in den Nachbarländern. Dort sind Konsumenten tendenziell etwas konservativer als im genussfreudigen Dubai oder Abu Dhabi.
BVE: Welches Potenzial hat die Golfregion für die deutsche Ernährungsindustrie?
Oliver Oehms: Wir sehen selbst in den etablierten Märkten VAE und Katar, dass das Potenzial der deutschen Ernährungsindustrie noch nicht vollständig ausgeschöpft ist. Zweifellos sind aufgrund historischer Verbindungen, aber auch aufgrund des Engagements großer Einzelhändler, beispielsweise britische oder französische Produkte sehr viel präsenter. Der denkbar internationale Bevölkerungsmix, in Verbindung mit den zahlreichen europäischen und auch deutschen Touristen, macht die Golfregion, v.a. die VAE, Katar und den Oman, allerdings zu einem hoch attraktiven Zielmarkt, nicht zuletzt in Ermangelung einer – mit Ausnahmen – gut entwickelten lokalen Ernährungsindustrie.
BVE: Für welche Teilbranchen und Produkte ist sie besonders spannend?
Oliver Oehms: Keine große Überraschung – Süßwaren stehen ganz weit oben auf der Liste, zumindest soweit sie ‚halal‘ produziert wurden. Wir sehen auch ein wachsendes Interesse an Milchprodukten, selbst wenn es hier in der Region bereits eine leistungsfähige lokale Produktion gibt. Nicht zuletzt in den VAE sind organisch produzierte Lebensmittel ein schnell wachsendes Segment, gleiches gilt auf der anderen Seite des Spektrums für Convenience Food, sprich Tiefkühl- und Fertigwaren.
BVE: Mit welchen Herausforderungen sehen sich die Unternehmen konfrontiert, wenn sie die Golfregion erschließen wollen?
Oliver Oehms: Eine Herausforderung sind die spezifischen Etikettierungsvorschriften sowie die erforderlichen Prüfsiegel lokaler Behörden. Dies erfordert eine genaue Kalkulation, ob der damit verbundene Aufwand durch entsprechende Verkäufe mittelfristig gerechtfertigt ist. Ein guter Importeur kann hier wertvolle Arbeit leisten und Exporteure vor kostspieligen Fehlkalkulationen bewahren. Stichwort Vertriebspartner: gerade in einem entwickelten Markt wie den Emiraten sollten klare Absprachen getroffen werden, wer welchen Marketingaufwand trägt. Ein partnerschaftlicher Ansatz sollte in vielen Fällen die erste Wahl sein das, heißt der deutsche Produzent muss auch seinerseits bereit sein, zu investieren – und sei es Zeit.
BVE: Welche Unterstützung bieten Sie an?
Oliver Oehms: Unsere AHK unterhält im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eine Kompetenzstelle für die Golfregion. Wir beraten zu Marktchancen und zum Markteinstieg und stellen Kontakte bspw. zu potenziellen Vertriebspartnern her. Auf beispielsweise den internationalen Leitmessen Gulfood und Gulfood Manufacturing in Dubai sind wir beratend und begleitend unterwegs. Kurzum – wir kennen uns aus, und teilen unser Wissen gerne mit interessierten deutschen Unternehmen!
BVE: Vielen Dank für das Interview!
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Der Außenwirtschaftstag der Agrar- und Ernährungswirtschaft wird gefördert durch die Landwirtschaftliche Rentenbank.