Die Verbraucherpreise sind in den letzten Jahren gestiegen. Wie stark die Deutschen die Inflation wahrnehmen, hängt auch mit ihren politischen Überzeugungen zusammen. Das verdeutlicht eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Für die anstehende Bundestagswahl könnte dies ein ausschlaggebender Punkt sein, denn für viele Bürger ist das Thema Inflation wahlentscheidend.
Politische Ränder liegen besonders weit daneben
Tatsächlich lag die die Inflationsrate im Jahr 2024 bei 2,2 Prozent. Über die Parteigrenzen hinweg überschätzen die Menschen diese Zahl. Im Durchschnitt gaben die 3.267 Befragten an, die Inflation liege bei 15,3 Prozent. Rund die Hälfte ist sich sicher, Preise zu zahlen, die über der amtlichen Inflationsrate liegen.
Besonders ausgeprägt ist die Diskrepanz bei Anhängern der AfD. Sie schätzen die Höhe der Inflation im Schnitt auf 18,7 Prozent, neunmal höher als sie eigentlich war. Bei den Wählern des BSW ist das Empfinden ähnlich. Sie gehen durchschnittlich von 18,1 Prozent aus. Immer noch weit weg von der Realität, allerdings am nächsten dran liegen die Wähler der Grünen. Sie schätzen die Inflationsrate auf durchschnittlich 10,8 Prozent.
Was Ursache und Wirkung ist, also ob die Vorliebe für eine Partei die Wahrnehmung der Inflation beeinflusst oder umgekehrt, ist auch für die IW-Forscher schwer zu trennen. „Unsere Untersuchung legt nahe, dass die Anhänger der Randparteien den offiziellen Statistiken misstrauen“, erklärt Matthias Diermeier, einer der Studienautoren.
Der Frust hängt auch mit dem Einkommen zusammen
Die Kluft zwischen gefühlter und tatsächlicher Inflation ist besonders stark im Bereich der Lebensmittelpreise. Während 66 Prozent der Befragten angaben, die Preise für Lebensmittel seien stark gestiegen, lag die tatsächliche Inflationsrate für Lebensmittel im Jahr 2024 bei nur 1,9 Prozent.
Denkbar ist, dass die langfristig gestiegenen Verbraucherpreise der letzten Jahre dazu geführt haben, dass die eher geringe Preisentwicklung 2024 stark überschätzt wird. Schließlich lag die generelle Teuerungsrate im Jahr 2024 um 19,3 Prozent über dem Niveau von 2020. Das bleibt im Gedächtnis.
Dazu kommen sozio-strukturelle Aspekte: Die politischen Ränder werden leicht überproportional von Menschen mit geringeren Haushaltseinkommen unterstützt, die Preissteigerungen insbesondere mit Blick auf Lebensmittel- und Spritpreise stärker treffen. Das heißt: Wer AfD oder BSW wählt, hat im Schnitt weniger Geld zur Verfügung, sodass höhere Preise stärker durchschlagen.
Marcel Winter, Referent für Wirtschaftspolitik bei der BVE, gibt zu bedenken: „Im EU-Vergleich geben deutsche Verbraucher nur einen geringen Anteil ihres Einkommens für Lebensmittel aus. Das liegt zum einen daran, dass Lebensmittel hierzulande vergleichsweise günstig sind, was auf den starken Wettbewerb in der deutschen Ernährungsindustrie zurückzuführen ist, der mit höchsten Qualitätsstandards einhergeht. Darüber hinaus zählt Deutschland zu den einkommensstärksten Ländern in Europa. Doch natürlich sind Haushalte mit weniger Einkommen von Preissteigerungen bei Lebensmitteln stärker betroffen als solche mit höherem Einkommen. Es ist daher entscheidend, die Lebensmittelinflation abzubauen, indem wir kostenintensive Faktoren begrenzen. Dazu gehört vor allem, die übermäßige Bürokratie und die hohen Energiekosten zu reduzieren.“
Hier finden Sie eine Übersicht der Forderungen der deutschen Ernährungsindustrie.