Im Jahr 1993 verabschiedete Deutschland die Zuckersteuer und andere Bagatellsteuern wie die auf Tee und Salz. Dieser Schritt erfolgte im Rahmen der Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes, um Wettbewerbsnachteile für die deutsche Industrie zu vermeiden und die steuerliche Belastung zu vereinfachen. Die Steuer, die ursprünglich 1841 als Rübensteuer eingeführt wurde, hatte zuletzt einen Steuersatz von umgerechnet nur 0,03 € pro Kilogramm Zucker erbracht und erzielte etwa 90 Millionen Euro jährlich. Trotz dieser Einnahmen wurde die Zuckersteuer aus guten Gründen als ineffektiv und unnötig abgeschafft.
Abschaffung im europäischen Kontext
Die Hauptgründe für die Abschaffung der Zuckersteuer lagen in den steuerpolitischen Rahmenbedingungen zur Vollendung des EG-Binnenmarktes. Da die meisten anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union keine Zuckersteuer erhoben oder deren Abschaffung planten, hätte die Beibehaltung dieser Steuer in Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Industrie erheblich beeinträchtigt. Außerdem waren die Preis- und Mengenregelungen im EG-Zuckermarkt so streng, dass eine Harmonisierung nur durch die Abschaffung der Steuer möglich war.
Ein weiterer Faktor war der bürokratische Aufwand im Verhältnis zum geringen Ertrag. Die Erhebung dieser sogenannten „kleinen Verbrauchsteuern“ hätte auf einer niedrigeren Handelsebene einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verursacht, was den Nutzen dieser Steuern weiter infrage stellte.
Die Argumente gegen die Wiedereinführung einer Zuckersteuer
Heute wird in regelmäßigen Abständen von Kampagnen-NGOs die Wiedereinführung einer Zuckersteuer gefordert, vor allem unter dem Vorbild der britischen „Soft Drinks Industry Levy“, die zu einer Reduktion des Zuckergehalts in Erfrischungsgetränken geführt hat. Doch führende Vertreter der deutschen Ernährungsindustrie wie Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), lehnen eine solche Steuer entschieden ab. „Was wir brauchen, ist sachgerechte Aufklärung statt eine reine Fokussierung auf Ernährung“, sagt Minhoff. Er betont, dass die Einführung solcher Steuern eine Bevormundung der Verbraucher darstellt und sozial benachteiligte Menschen besonders hart trifft. Außerdem sei die wissenschaftliche Grundlage für eine Einteilung von Lebensmitteln in „gesund“ und „ungesund“ höchst umstritten und zu stark vereinfacht.
Die Sicht der Zucker- und Getränkeindustrie
Die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (wafg) und der deutsche Zuckerverband teilen diese Meinung. Die wafg betont, dass der Anteil der Kalorien, der über Süßgetränke aufgenommen wird, gering ist und es keine Beweise gibt, dass Steuern oder Abgaben die gesundheitliche Lage der Bevölkerung nachhaltig verbessern. Zudem gibt es bereits eine Vielzahl an kalorienreduzierten Getränken, die den Konsumenten zur Verfügung stehen.
Der Zuckerverband hebt hervor, dass die Kalorienbilanz insgesamt betrachtet werden muss. Eine Steuer auf Zucker oder zuckerhaltige Getränke würde den Konsum nicht signifikant beeinflussen und könne sogar zu negativen Konsequenzen führen, da die Verbraucher auf andere, möglicherweise genauso kalorienreiche Alternativen ausweichen.
Die britische Zuckersteuer: Ein fragwürdiges Vorbild
Die britische Zuckersteuer hat in der Tat zu einer Reduktion des Zuckergehalts in Erfrischungsgetränken geführt. Doch ob dies zu einem insgesamt gesünderen Lebensstil der Briten geführt hat, ist wissenschaftlich nicht belegt. Eine Verringerung des Zuckergehalts bedeutet nicht automatisch eine Abnahme von Fettleibigkeit oder ernährungsbedingten Krankheiten. Vielmehr zeigt sich, dass Verbraucher oft auf andere, nicht besteuerte kalorienreiche Produkte ausweichen, was die Wirksamkeit solcher Steuern infrage stellt.
Fazit: Eine Zuckersteuer wäre Rückkehr zur Bürokratie
Die Wiedereinführung einer Zuckersteuer in Deutschland wäre ein Schritt zurück in die Vergangenheit – hin zu ineffektiven und bürokratisch aufwendigen Maßnahmen, die bereits 1993 richtigerweise abgeschafft wurden. Die Argumente von BVE, Zucker- und Getränkeindustrie sind klar: Eine solche Steuer führt nicht zu einem gesünderen Lebensstil, sondern nur zu höherer Bürokratie und trifft vor allem die Schwächsten der Gesellschaft. Wie schon vor 30 Jahren, bleibt die richtige Lösung nicht in Steuern und Verboten, sondern in Aufklärung, Innovation und der Stärkung der Eigenverantwortung der Verbraucher.
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