„Bei effizienten Einsparmaßnahmen hinken viele Unternehmen hinterher“

Emissionen reduzieren und zugleich Wettbewerbsfähigkeit sichern: Hier sind ganzheitliche Ansätze gefragt, weiß Oliver Rob vom Beratungsunternehmen Drees & Sommer. Er begleitet Lebensmittelhersteller auf dem Weg zur CO2-Neutralität und zu nachhaltigen Gebäuden. Im Interview erklärt er, welche Potenziale im Hinblick auf Energieeinsparung und Nachhaltigkeit häufig ungenutzt sind und was ein zukunftsfähiges Gebäude ausmacht.

Quelle: Drees & Sommer

Drees und Sommer berät Unternehmen weltweit rund um Immobilien und Infrastruktur. Was beinhaltet das konkret?

Oliver Rob: Unsere Leistungen erstrecken sich über den gesamten Lebenszyklus von Immobilien, von der Konzeption über die Planung und Umsetzung bis hin zum Betrieb. Wir begrenzen uns allerdings nicht auf die klassischen Themenfelder von Planung und Projektmanagement, sondern ergänzen diese durch Beratungsangebote zum Beispiel in Richtung Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Über unsere Branchenorientierung haben wir zudem für jeden Wirtschaftszweig, in unserem Fall die Branche Food and Beverage, die richtigen Expertinnen und Experten: Sie kennen sich mit den jeweiligen Herausforderungen ihrer Branche aus und behalten dabei auch künftige Trends und Themen im Blick. So können sie rasch individuelle Lösungen entwickeln – und bei Bedarf auf das fachliche Know-how des gesamten Drees & Sommer-Netzwerks zurückgreifen. Insgesamt haben wir 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 51 Standorten.

Wie können speziell Unternehmen der Ernährungsindustrie von einer Zusammenarbeit mit Ihnen profitieren?

Oliver Rob: Für Unternehmen aus dem Bereich Food and Beverage haben wir gerade zu den aktuell drängendsten Themen wie z.B. Energieeinsparungspotentiale bei Produktions-, Verwaltungs- und Logistikgebäuden, CO2-Neutralität, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitsstrategien für den baulichen Bestand oder Neubauten, aber auch Themen wie Standort-Konsolidierungen die passende Expertise im Haus und können umfassende Lösungen aus einer Hand anbieten.

Nicht selten haben Lebensmittelhersteller einen großen Gebäude- und Anlagenbestand. Ist es häufig sinnvoller, bestehende Gebäude zu optimieren statt neue zu bauen?

Oliver Rob: Das hängt natürlich stark von der geplanten Nutzung, dem Zustand des Gebäudes und dem Flächenbedarf ab! In jedem Fall haben diese jedoch einen Klimavorteil, da die graue Energie, die bereits in ihnen steckt, nicht wie bei Neubauten erst noch aufgewendet werden muss. Auch der zeitliche Aspekt spricht für die Optimierung von bestehenden Büro-, Produktions- und Logistikgebäuden.

Insbesondere im Lebensmittel-Sektor gibt es eine Vielzahl an Faktoren, die Anpassungen der Bestandsgebäude notwendig machen: eine neue Produktion wird integriert, Produktionslinien werden verändert oder neue Abläufe sind gefragt. Jede Veränderung stellt neue Anforderungen an Bestandsgebäude. Auch geänderte Rahmenbedingungen wie EU-Taxonomie, Digitalisierung, überarbeitete Hygiene- und Brandschutzanforderungen fordern ein Überdenken der aktuellen Situation.

Wir beraten, wie der Bestand bestmöglich genutzt werden kann, bilden verschiedene Szenarien ab und setzen sie bei Bedarf um – wenn gewünscht als Gesamtpaket mit Projektmanagement, Planung und Baumanagement.

Welche Potenziale im Hinblick auf Energieeinsparung und Nachhaltigkeit sind häufig ungenutzt?

Oliver Rob: Energieoptimierung ist – gerade aktuell – ein weitverbreitetes Thema. In der Umsetzung von effizienten Einsparmaßnahmen hinken viele Unternehmen jedoch noch hinterher.

Hier sind die hohen Energiepreise eine Triebfeder für den Einsatz intelligenter Technologien, die sich dadurch schneller amortisieren und Unternehmen langfristige Vorteile bieten können.

Auch das Thema der Kreislaufwirtschaft bzw. des zirkulären Bauens nimmt einen wesentlichen Stellenwert bei Nachhaltigkeitsstrategien ein – um Ressourcen zu schonen und effizient zu bauen. Investitionen in nachhaltigere Gebäude – am besten in Verbindung mit der entsprechenden Zertifizierung – sind daher aus unserer Sicht der sinnvollere Weg.

An welche intelligenten Technologien denken Sie beim Thema Energieoptimierung?

Oliver Rob: Eine intelligente Steuerung finden wir beispielsweise bei dynamischen Energiemanagementsystemen oder den netzdienlichen Gebäudebetrieben.

Wir haben verschiedene Treiber, die technologische Entwicklungen im Energiemarkt wie z.B. Batteriespeicher, Elektromobilität, den Ausbau erneuerbarer Energien, aber auch die Elektrifizierung des Wärmesektors vorantreiben. Netzengpässe erhöhen zusammen mit dynamischen Netzentgelten die Nachfrage nach „netzdienlichen Gebäudebetrieben“. Ein netzdienlicher Gebäudebetrieb kann mit der Sektorenkopplung, der Einbindung von Speichersystemen und dynamischen Energiemanagementsystemen kombiniert werden und damit erhebliche Energieeinsparpotentiale bieten.

Mit konkretem Blick auf die Lebensmittelproduktion: Was macht ein zukunftsfähiges Produktionsgebäude aus?

Oliver Rob: Ein zukunftsfähiges Produktionsgebäude kann sehr viele Aspekte beinhalten, die die verschiedensten Ausprägungen annehmen. Wesentlich für mich ist jedoch das Thema Energieeffizienz (gerade über dynamische Energiemanagementsysteme), CO2-Neutralität im Betrieb und ein hohes Maß an Flexibilität für künftige Produktionsanpassungen.

Doch auch Themen Digitalisierung, Datensicherheit, neue Bürokonzepte für die Verwaltungsgebäude (New Work), die Verwendung regenerativer Materialien und modularisiertes Bauen stehen für zeitgemäße Gebäude.

Welchen Stellenwert hat ressourcenschonendes Bauen in der Industrie?

Oliver Rob: Als einer der größten Verbraucher der weltweiten Rohstoffe und Verursacher von hohen Emissionen steht auch die Bauwirtschaft – wie andere Industriezweige auch – in der Verantwortung. Ansatzpunkte sind daher auch die Materialauswahl, deren Art der Verbindung sowie deren mögliche Rückführung in den Ressourcenkreislauf. Schnelle und effektive Lösungen für Klima- und Ressourcenprobleme sind beim Bau neuer Gebäude daher essentiell. Ergänzend dazu bieten sich weitere Anknüpfungspunkte an den Schnittstellen von Gebäude und Nutzer, etwa durch die Integration in ein gesamtheitliches Mobilitätskonzept.

Aufbauend auf den heutigen Nachhaltigkeitsstandards, die schon weit über die Gesetzgebung hinausgehen, bieten wir mit dem Cradle to Cradle®-Prinzip eine Lösung für die Ressourcenprobleme. Dadurch können Gebäude wie Bäume und Städte wie Wälder entstehen – für einen positiven Fußabdruck für Menschen, Gesellschaft und Umwelt.

Mit der EPEA GmbH, Part of Drees & Sommer, haben wir eine Tochtergesellschaft, die sich speziell dieser Themen annimmt – und das über die Immobilie hinaus bis auf die Produkt- und sogar bis hin zur Molekularebene.

Dabei verstehen wir Nachhaltigkeit mit all ihren Facetten: Ökonomie, Ökologie und Funktionalität gehören für uns untrennbar zusammen. Wir nennen das „the blue way“ – Wir denken und handeln nachhaltig und ganzheitlich. Nur damit lässt sich die Wertschöpfung für die Auftraggeber über den gesamten Immobilienlebenszyklus sichern.

Sie unterstützen Unternehmen auch dabei, ihre CO2-Emissionen zu bilanzieren und daraus eine Strategie zur Reduzierung von CO2 abzuleiten. Wie groß ist hier der Bedarf?

Oliver Rob: Vor dem Hintergrund der bekannten klimapolitischen Ziele stehen Unternehmen der Branche Food and Beverage vor der Herausforderung, ihren CO2-Fussabdruck zu ermitteln, geeignete Maßnahmen zur Reduktion festzulegen und danach die CO2-Reduktion bzw. -Neutralität in allen Bereichen sicherzustellen! Auch die regulatorischen Anforderungen (ESG etc.) gilt es zu erfüllen – auch, um eine gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen.

Gebäude, aber auch Geschäftsprozesse bieten verschiedenste Chancen für eine Emissionsminimierung. Letztlich ermöglicht nur ein ganzheitlicher Ansatz Zukunftssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit.

Mehr Infos:

http://www.dreso.com

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