Zum Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung vonUnternehmen
Die BVE dankt dem Bundesministerium der Justiz für die Möglichkeit, zum Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD-Umsetzungsgesetz) Stellung nehmen zu dürfen.
Die Ernährungsindustrie ist mit einem jährlichen Umsatz von 186 Mrd. Euro und über 638.000 Beschäftigten der viertgrößte Industriezweig Deutschlands. Die Branche ist zu 90 Prozent durch mittelständische Unternehmen geprägt. Die Ernährungsindustrie ist sich ihrer Verantwortung für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion und Rohstoffbeschaffung bewusst und engagiert sich bereits umfangreich für Nachhaltigkeit in ihren Produktionsstandorten im In- und Ausland sowie in der Lebensmittellieferkette. Viele der Unternehmen der Ernährungsindustrie geben bereits über ihre CSR-Aktivitäten und nicht-finanzielle Leistungsindikatoren umfangreich freiwillig Auskunft, zum Beispiel auf ihren Internetseiten, in Unternehmenspublikationen und auf Fachveranstaltungen. Darüber hinaus fördert die BVE durch eine Brancheninitiative zusammen mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung die Transparenz und Berichterstattung über das Nachhaltigkeitsengagement der Branche („BVE-Branchenleitfaden zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex“ und Schulungsangebote).
Es ist grundsätzlich positiv zu bewerten, dass der Referentenentwurf zum CSRD-Umsetzungsgesetz im Wesentlichen eine 1:1-Umsetzung der Vorgaben aus der EU-Richtlinie anstrebt und damit zu einem level-playing-field im Binnenmarkt beiträgt. Die CSRD-Vorgaben sollten so bürokratiearm wie möglich umgesetzt werden, gerade vor dem Hintergrund, dass die vom Gesetzgeber erwartete Bürokratiebelastung mit 1,4 Mrd. € jährlich extrem hoch und nach Einschätzung der BVE in der Praxis noch deutlich höher sein dürfte, da die eine Vielzahl von Anforderungen durch die noch fertig zu stellenden ESRS Sektorstandards auf die Unternehmen zukommen werden und die nur sukzessive Veröffentlichung der ESRS Sets zu einem immer wieder neuen Prüfaufwand in den Unternehmen führt.
Das CSRD-Umsetzungsgesetz sollte die in der CSRD vorgesehen Möglichkeit nutzen, dass Unternehmen ihren Nachhaltigkeitsbericht auch von einer noch zu bestimmenden Stelle prüfen lassen können. Dadurch könnten Unternehmen auf eine größere Auswahl von unabhängigen Erbringern von Bestätigungsleistungen zurückgreifen.
Das CSRD-Umsetzungsgesetz wird mit vorliegendem Referentenentwurf die Zahl der von Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten betroffenen Unternehmen deutlich erhöhen, darüber hinaus rechnet die BVE mit der Weitergabe von Informationspflichten in die Lieferkette. Der überwiegend mittelständisch geprägten Ernährungsindustrie ist daher an einer unbürokratischen, praxistauglichen und verhältnismäßigen Umsetzung der CSRD gelegen. Der Aufwand zur Einhaltung der Vorgaben darf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht unangemessen einschränken und das CSRD-Umsetzungsgesetz nicht zu einem Bürokratiemonster verkommen. Alle künftigen Berichtsstandards sollten deshalb angemessen zum Regelungszweck und zur Unternehmensgröße ausgestaltet sein. Bei der Überarbeitung des delegierten Rechtsakts ist es wichtig, auch die KMU-Größenkriterien in der EU-Bilanzrichtlinie neu zu bewerten, einschließlich der Anwendung der im EU KMU-Entlastungspaket angekündigten Definition der kleinen und mittleren Unternehmen, wie sie in den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungsinvestitionen enthalten ist. Dies würde Unternehmen mit 250-499 Beschäftigten von den aufwändigen Berichtspflichten befreien.
Um doppelte Berichtspflichten zu vermeiden, beabsichtigt der Gesetzgeber Änderungen am Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Unternehmen sollen ihre Berichtspflicht nach dem LkSG künftig durch Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts erfüllen können (vgl. § 10 Abs. 5 und 6 CSR-RUG). Nach dem mutmaßlichen politischen Willen soll es damit nur noch einen Bericht geben, sprich eine diesbezügliche Synchronität zwischen CSRD und LkSG erreicht werden. Die Frist zur Einreichung und Veröffentlichung von LkSG-Berichten soll jedoch „nur“ auf den 31.12.2024 verlängert werden (vgl. § 12 Abs. 4 CSR-RUG). Mit einer Fristverlängerung bis zum 31.12.2024 würden Unternehmen aber vorrübergehend einer Berichtspflicht nach dem LkSG unterliegen, da Unternehmen ihren Nachhaltigkeitsbericht nach der CSRD über das Jahr 2024 voraussichtlich erst zum 31.12.2025 abgeben können. Am 31.12.2024 gibt es also noch gar keine Nachhaltigkeitsberichte, sodass ein separater LkSG-Bericht einzureichen wäre. Es bedarf u.E. einer Klarstellung, dass die volle Synchronität angestrebt wird und Unternehmen keine separaten LkSG-Berichte einreichen müssen. Die Frist zur Abgabe eines LkSG-Berichts sollte demnach gestrichen werden.
Grundsätzlich sollte auch der europäische Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD, die ESRS Sets, keine Verschärfung der Anforderungen der CSRD darstellen und die Nutzung in der Praxis bereits etablierter Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung weiterhin ermöglichen. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach den ESRS erfordert einen erheblichen personellen und finanziellen Mehrbedarf an Ressourcen als bei vielen bisher in der Branche etablierten Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards. Der Umfang aus den ESRS ist, selbst nach der Wesentlichkeitsanalyse, erheblich zu groß und geht zu weit in die Tiefe. Die Verwendung von auch oft neu geschaffenen personellen Ressourcen steht in keinerlei Verhältnis zu dem Nutzen der geschöpften Daten. Vor allem in Bezug auf Sekundärdaten/Scope 3 ist die Datenlage und- qualität oft sehr schlecht, so dass in vielen Fällen weder vergleichbare noch reproduzierbare Zahlen zu erwarten sind. Eine Verbesserung der Datenlage durch verlässliche und frei zugängliche staatliche Datenbanken wäre wünschenswert. Auch muss klargestellt werden, wie berichtspflichtige Daten rechtssicher und rechtzeitig erhoben werden können, bspw. wenn die Einhaltung des Datenschutzes dem entgegenstehen. Die BVE hält es für notwendig, dass der betroffenen Wirtschaft genug Zeit für eine ausreichende Bewertung der zukünftigen europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD, insbesondere für die Bewertung der Sektorstandards, eingeräumt wird. Auch sollten ausreichend Unterstützungsangebote zur Verfügung gestellt werden, um es den Unternehmen zu erleichtern, die Vorgaben einzuhalten.