Saftige Abhängigkeiten: Wenn die Fruchtsaftversorgung nicht fließt

Wer morgens zum Frühstück seinen Fruchtsaft genießt, denkt wahrscheinlich nicht an den fehlenden Regen in Costa Rica oder an die Orangenkrankheit „Greening“ in Brasilien. Doch genau dort entscheidet sich derzeit, wie sicher, verfügbar und bezahlbar das Produkt in Deutschland bleibt. Denn: Was im Regal steht, ist das Ergebnis komplexer internationaler Abhängigkeiten. Und wenn es dort stottert, kommen auch alltägliche Selbstverständlichkeiten wie der Fruchtsaft zum Frühstück ins Wanken.

Ein Glas Fruchtsaft vor frischem ObstQuelle: SK, Adobe Stock

Orangensaft wird Luxus: Wie Citrus Greening den Weltmarktpreis explodieren lässt

Ein zentrales Problem für die Orangensaftproduktion ist die fortschreitende Ausbreitung der Pflanzenkrankheit „Citrus Greening“. Ausgelöst durch ein Bakterium, führt die Krankheit zum Absterben ganzer Plantagen – mit gravierenden Folgen für die globale Versorgungslage. Besonders betroffen sind Anbauregionen in Brasilien und den USA, aus denen ein Großteil des weltweit verwendeten Orangensaftkonzentrats stammt. Das wirkt sich deutlich auf den Orangensaftmarkt aus. Innerhalb von zwei Jahren stieg der Weltmarktpreis für eine Tonne Orangensaftkonzentrat von rund 2.000 auf über 7.000 US-Dollar. Hinzu kommt: Orangensaft aus den Mercosur-Staaten ist aktuell mit einem Einfuhrzoll von 12,2 % belegt – ein zusätzlicher Kostenfaktor, der die Marktbedingungen weiter erschwert:

„Zölle auf Fruchtsaftrohstoffe verteuern die Herstellung und wirken sich auf die Sortimentsgestaltung aus. In der Praxis führt das dazu, dass vermehrt auf Nektare oder andere Produktkategorien ausgewichen oder die Rezeptur angepasst wird – was Einfluss auf den Fruchtgehalt haben kann. Ob 100 %-Säfte zu höheren Preisen dauerhaft im Markt bestehen, ist offen“, erläutert Klaus Heitlinger, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Fruchtsaft-Industrie (VdF).  

Bereits jetzt ist der Konsum von Fruchtsäften in Deutschland zurückgegangen – allein bei Orangensaft um 2,6 Liter pro Kopf im Jahr 2024. Der gleichzeitige Konsumanstieg um 0,5 Liter im Nektarsegment bestätigt die Annahme der preissensiblen Kaufentscheidungen.

Zwischen Dürre und Zoll: Mangelware Ananas

Neben Orangen ist auch die Versorgung mit Ananas derzeit stark beeinträchtigt. Hauptursache sind Wetterextreme in den wichtigsten Anbauländern Costa Rica und Thailand. In Costa Rica führten die Klimaphänomene La Niña und El Niño zu ausbleibenden Regenfällen – mit der Folge, dass die Früchte kleiner ausfallen und geringere Mengen für den Frischmarkt verfügbar sind. Direktsaft, der überwiegend aus Costa Rica stammt, ist durch die gestiegenen Beschaffungskosten deutlich teurer geworden.

Gleichzeitig sorgt die mangelnde Wasserversorgung in Thailand für ein rückläufiges Angebot an Ananas-Konzentrat: Viele Verarbeitungsbetriebe können nicht im gewohnten Umfang produzieren, da Thailand zu den wichtigsten Lieferländern für Konzentrate weltweit zählt. Auch hier verschärfen Handelshemmnisse die Lage: Für Ananasprodukte gelten Zölle von bis zu 16 %. Die hohen Zölle treffen besonders verarbeitende Betriebe, die auf internationale Rohwaren angewiesen sind, und wirken in der aktuellen Situation als zusätzlicher Preistreiber.

„Prozentuale Zölle verteuern bereits kostenintensive Rohwaren zusätzlich. Das wirkt sich auf die Endverbraucherpreise aus, verringert die Kaufkraft und kann inflationsfördernd wirken“, warnt Heitlinger. Die Folgen sind für die deutsche Fruchtsaftindustrie und die Verbraucher bereits jetzt deutlich spürbar.

Was jetzt zählt: Stabile Lieferketten und faire Handelsbedingungen

Die aktuelle Entwicklung im Fruchtsaftmarkt macht deutlich: Funktionierende internationalen Lieferketten sind wichtig – vor allem, wenn externe Faktoren wie Pflanzenbefall oder Klimaextreme die Ernte verschlechtern.  Handelsbarrieren erhöhen Preise zusätzlich. Umso wichtiger ist es, dass Politik und Wirtschaft gemeinsam an Lösungen arbeiten, die die Versorgungssicherheit stärken, Preisspitzen abfedern und die Rahmenbedingungen für eine stabile und wettbewerbsfähige Produktion verbessern. Der Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie spricht sich daher für einen Abbau der Einfuhrzölle aus: „Aus unserer Sicht braucht es handelspolitische Erleichterungen – insbesondere durch neue Zollabkommen, die bestehende Abgaben etwa auf Produkte wie Ananas aus Asien reduzieren“, fordert Geschäftsführer Klaus Heitlinger.

Die Fruchtsaftindustrie steht bereit – braucht aber Rückenwind von handelspolitischer Seite, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Denn kurzfristig ist keine nachhaltige Entspannung der Lage zu erwarten.

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