Kritis-Dachgesetz: Stefanie Sabet fordert mehr Planungssicherheit

Von ausländischen Mächten gehen seit einiger Zeit Sabotageakte gegen die kritische Infrastruktur in Europa aus. Das KRITIS-Dachgesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2022/2557 und zur Stärkung der Resilienz kritischer Anlagen soll diese Infrastruktur, zu der auch Unternehmen der Ernährungsindustrie zählen, besser schützen.

Moderne landwirtschaftliche Getreidespeicher aus Stahl. Landwirtschaftliche Silos zur Lagerung der Getreideernte auf einem landwirtschaftlichen Produktionsbetrieb.Quelle: Jenya Smyk / Adobe Stock

Das KRITIS-Dachgesetz wurde noch kurz vor dem Bruch der Ampel vom Bundeskabinett beschlossen. Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz kritisierte Ende November, dass die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag bisher keine Bereitschaft zeigt, das Gesetz mitzubeschließen. Von Notz spricht dabei von der „krassesten Bedrohungslage“ und zahlreichen Anschlägen auf unsere kritischen Infrastrukturen in den vergangenen Monaten. Stefanie Sabet ist als BVE- Geschäftsführerin und Leiterin des Büros in Brüssel für das KRITIS-Gesetz zuständig und äußert sich im Interview über die aktuelle Lage des Entwurfes.

Frau Sabet, hoffen Sie noch auf eine schnelle Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag?

Stefanie Sabet: Die Meinungen zu diesem Gesetzentwurf gehen in den betroffenen Branchen weit auseinander. Wir als Vertreter der Ernährungsindustrie tendieren dazu, das Gesetz unter einen neuen Bundesregierung einfacher und klarer zu machen. Zwar wurden im Kabinett wichtige Änderungen wie die Harmonisierung von Vorfallsmeldungen aufgenommen, dennoch haben unsere Unternehmen aufgrund der unkonkreten Anforderungen und den vielen Folgerechtsakten kaum Planungssicherheit und Kostenkontrolle. Auch die Ungewissheit, nach welchen Kriterien Bund und Länder weitere Unternehmen in den Geltungsbereich aufnehmen können, ist unbefriedigend.

Sollten Hersteller von Lebensmitteln und Getränken, die als kritische Infrastruktur gelten, nicht von sich aus auf die dynamische Gefahrenlage reagieren und stärker in den Schutz ihrer physischen Infrastruktur investieren, so wie es das Gesetz vorsehen würde?

Stefanie Sabet: Ja, das tun sie auch bereits in vielerlei Hinsicht bspw. durch die bessere Absicherung vor Extremwetterereignissen. Das Gesetz schreibt aber einen All-Gefahren-Ansatz vor. Zur Abwehr von Sabotage- oder gar Terrorakten brauchen Unternehmen aber Unterstützung von Staat und Behörden. Auch die Risikoanalyse der Unternehmen kann nur sinnvoll gemacht werden, wenn die nationale Risikoanalyse bekannt ist. Wichtig ist es, ein effizienteres Zusammenarbeiten von Staat und Wirtschaft für eine verbesserte Sicherheitslage zu erreichen.

Welche Anforderungen hat die BVE an ein neu zu erarbeitendes Kritis-Dachgesetz?

Stefanie Sabet: Zusätzlich zu den zuvor genannten Punkten muss vor allem die Wirtschaftlichkeit von Schutzmaßnahmen stärker in den Fokus gerückt und Risiken abgewogen werden. Wie umfassend sollen Schutzmaßnahmen sein? Wie hoch ist das tatsächliche Risiko eines Angriffs? Das sind alles zu definierende Punkte, die sehr kostenintensiv sein können. Auch müssen Branchenstandards, mit denen wir bspw. bei der IT-Sicherheit bereits gute Erfahrungen gemacht haben, Vorrang vor föderalen Insellösungen haben. Unternehmen agieren oft bundesweit, gar europa- oder weltweit, da ist eine größtmögliche Harmonisierung der Anforderungen geboten. 

Quelle: Sandra Ritschel / ernaehrungsindustrie.de

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